Es ist Donnerstag, der 8. August, kurz vor 21 Uhr, als ich diese Zeilen zu schreiben beginne. Was soll ich sagen – ich habe soeben meine erste 6,5-km-Runde beendet und bin bereits geduscht und erfrischt. Der Start in die mir selbst gestellte Aufgabe, 4 Meilen (6,4 km) alle 4 Stunden für 48 Stunden zu laufen, begann für mich ungeplant 4 Stunden früher als vorgesehen, nämlich um 20 Uhr.
Solche Ideen und Aufgaben bedürfen immer einer sorgfältigen Abstimmung mit dem Familienleben; meine drei Kinder und meine Frau Lisa müssen da stets einbezogen werden. Dadurch ergab sich auch der verfrühte Start. Lisa hat für Samstag 17 Uhr eine Einladung zum Geburtstag bekommen und wollte gerne hin. Meine letzte, zwölfte Runde wäre aber 20 Uhr am Samstag gewesen… Also familienkonform 4 Stunden früher gestartet und somit 4 Stunden früher fertig – Freitag 16 Uhr.

Ich bin gespannt, was die Zeit noch mit sich bringt. Ich möchte nach jeder Runde ein paar Zeilen niederschreiben. Runde 1 beendete ich mit 6,5 km in 39 Minuten.
Es ist 23:54 Uhr, und ich sitze da und warte, bis es Mitternacht wird. Den Wecker habe ich mir auf 23:40 Uhr gestellt, um noch etwas Puffer zu haben. Memo an mich selbst: Zu viel Zeit – brauche ich nicht. Die Laufklamotten lagen schon parat, die Stirnlampe mit geladenem Akku vorbereitet. Die Kinder und Lisa schlafen alle friedlich; ich habe gerade noch in die Kinderzimmer geschaut. Nach meinem Post der letzten Einheit auf Strava war das Interesse sehr groß, viele Läufer und Freunde haben mir geschrieben… Nun sind es noch zwei Minuten bis zur Geisterstunde – und ich gehe gleich zur imaginären Startlinie. Bis gleich… Auf geht’s zur Runde 2 von 12.
Es ist 00:54 Uhr, und ich liege bereits frisch geduscht im Bett – die Runde war gut, nach knapp 40 Minuten war ich zurück zuhause. Der Wecker ist gestellt – bis später, gute Nacht…

Nun ist es 3:56 Uhr, und ich sitze hier – gähne oft und denke mir: Warum? lach Habe die letzten 20 Minuten im Bett gefühlt jede Minute auf die Uhr geschaut – bloß nicht verschlafen, bloß nicht verschlafen! Um zehn vor vier ging es dann ganz automatisch los: angezogen, Schuhe geschnürt, und nun sitze ich da – es ist 03:59 Uhr, und ich spaziere auf die Straße. Runde 3 folgt!
Und exakt eine Stunde später – es ist nämlich 4:56 Uhr – liege ich wieder geduscht im Bett und habe die 3. Runde abgeschlossen. Wenn ich nun sage, ein Viertel der Challenge ist schon geschafft – ist das dann motivierend? Ich denke darüber nach. 🙂 Ich bin die 3. Runde mit einem langen Oberteil gelaufen; das Thermometer zeigte zwar 14 Grad an, aber die Nacht und das Gefühl, irgendwie müde zu sein, haben mich zu “lang” entschlossen. Kurz-kurz wäre angebrachter gewesen… Nun beginnt dann langsam der Tag, und die Einheiten werden in meinen Familien-/Arbeitstag integriert werden müssen. Ich werde gegen 7:30 Uhr Keno zur Tagesmama bringen und dann vermutlich direkt dort starten. Wir werden sehen; jetzt erstmal noch 1,5 Stunden Schlaf sammeln – hoffe, die Kinder schlafen noch etwas…

Und schon ist auch Runde 4 vorüber – ich wurde um kurz nach 6 von Keno geweckt, der zu mir ins Bett gekrochen ist. Die Worte “Paaaaapaaaaaahhh aufsehhhnnnn” waren zu süß, als dass ich widersprechen konnte und wollte. Heute Morgen gab es noch einen Kaffee und etwas Zitronenwasser. Pünktlich um 8 Uhr stand ich mit Levi vor dem Haus, bereit, die Challenge fortzuführen. Levi hat mich mit dem Rad begleitet – oder sagen wir besser: gepaced, gezogen oder angetrieben. Mit 38:03 Minuten war das die schnellste Runde bisher.
Jetzt gibt’s gemeinsam Frühstück, und dann starten wir in den Tag. Ich habe einiges im Büro zu tun, und um 11:45 Uhr sollte ich Keno wieder abholen, um den Start um 12 Uhr nicht zu gefährden.

Ich bleibe dran – mir geht es gut, die Beine sind frisch, nur etwas Müdigkeit merkt man im ganzen Gestell. Aber der aufkommende Tag und die Sonne werden das erledigen. 🙂
Die Zeit zwischen 8:38 und 12 Uhr war gespickt mit vielen bunten Sachen, die das Leben schöner machen – ich hatte Besuch von Christian, einem Sondensucher und Amateurfunker (eines meiner anderen Hobbys). Wir tauschten uns über die neuesten Antennen und Suchtools aus. Später war ich dann etwa eine Stunde im Büro. Um 11:45 Uhr dann schnell zur Tagesmama Astrid und Keno abgeholt; pünktlich um 12 Uhr stand ich mit Levi auf dem Rad zur Unterstützung auf der Straße!

Unser Start war wieder auf die Sekunde genau – hat schon was von einem Start in ein Rennen… Levi machte wieder gut Tempo, und ich versuchte, im Windschatten zu bleiben. Nach 39 Minuten waren wir zurück! Ich konnte auch nach Runde 5 meine Vorgabe, Lauf und Nachbereitung innerhalb einer Stunde abzuschließen, einhalten. So saßen wir pünktlich um 13 Uhr bei leckeren Pfannkuchen, die Emma gebacken hatte, auf der Terrasse. Ich füllte meine Flüssigkeitsspeicher auf, teils mit Tailwind, teils mit Wasser. Den Nachmittag verbrachten wir im Garten, mähten Rasen und schossen Wasserbomben. Die 16-Uhr-Runde werde ich wieder allein verbringen. Levi setzt für heute aus, er ist morgen wieder dabei. Soeben nutzte ich die freie Zeit, einen Blick auf die letzte Nacht zu werfen – ich tracke seit Jahren meinen Schlaf mit dem Oura Ring. Er zeigte mir 3:55 Stunden Schlaf… das war auch schon mal mehr. Aber ich denke, genau darum geht es…

Und weitere 6,5 km liegen hinter mir – Runde 6/12 abgeschlossen. Es waren wieder einmal 39 Minuten – und es war heiß, es war richtig dampfig schwül. Vor dem Start habe ich ein Power-Nap von 20 Minuten gemacht – Wecker gestellt und schnell eingeschlafen! Hat Wunder gewirkt. Nun ist es 17 Uhr, und ich komme wieder aus der Dusche und habe wieder 3 Stunden Pause bis zum nächsten Start.

Die Zeit werden wir mit Abendessen und Kinderprogramm füllen. Aktuell steht “Stadt Land Fluss” hoch im Kurs. 😉
Es ist 19:50 Uhr, und ich mache mich fertig – wollte eigentlich noch einen Power-Nap einbauen, doch leider war das nicht möglich. Die Sonne ist schon untergegangen, und es ist angenehm. Die letzte Runde mit dem Tages-Outfit, bis ich auf die Nacht wechsle…
Auch Runde 7 ging nach 41 Minuten gut vorüber – danach waren meine Kids schon im Bett, und Lisa wartete auf der Terrasse auf mich. Sie hat leckeres Abendessen bei Nakama in Altötting bestellt; das ist ein Laden, der veganes/vegetarisches Sushi und asiatische Köstlichkeiten anbietet. War super lecker. Nun ist es kurz nach 22 Uhr, und ich werde mich in Richtung Bett begeben. Die Ausrüstung für Lauf Nummer 8 liegt bereit, der Wecker ist gestellt – und ich freue mich auf etwas Schlaf… Wir sehen uns! Gute Nacht…

Vor zwei Stunden schrieb ich noch “Gute Nacht”, und nun ist es 23:55 Uhr – ich merke die Müdigkeit. Der Wecker war auf 23:40 und 23:45 Uhr gestellt – ich habe das Schrillen des ersten Weckers nicht bemerkt – zum Glück habe ich eine mich über alles liebende Ehefrau, die mich mit liebevollen Stößen in die Seite zum Aufstehen bewegte – naja, sagen wir so: Ihr war in erster Linie daran gelegen, den “sch**** Wecker” endlich auszuschalten… lach – okay, überredet, ich steh auf. 😉 Nun ist es 23:58 Uhr, und ich öffne die Tür – los geht’s…

Puh – nach 43 Minuten zurück zuhause. Diese Runde war so richtig schwierig; die Idee, kurz vorher noch zwei kräftige Schlucke Cola zu trinken und ein Stück Pfannkuchen zu kauen, war so mittel… Hatte die ganze Runde mit Aufstoßen und einem rebellierenden Magen zu tun – das hat sich nicht gut angefühlt. In Neuötting begann am Freitag das Volksfest – was zur Folge hatte, dass mich trinkfreudige, in Tracht gekleidete Festzeltbesucher auf ihrem Nachhauseweg mit mehr oder weniger motivierenden Sprüchen begleiteten… Naja – nun geht es duschen, und dann Wecker auf 3:50 Uhr stellen und ab ins Bett.

3:56 Uhr – Gähn – und täglich grüßt das Murmeltier – ich sitze auf der Treppe und schnüre mir die Schuhe. Habe jetzt ein langes Oberteil angezogen; es ist nicht so kalt, aber durch die Nacht und die Dauer der Challenge fühlt es sich einfach sicherer und besser an. Es ist verblüffend, wie entspannt man wird. Noch 3 Minuten bis zum Start, und ich sitze hier ohne Hektik oder Eile. Bei Runde 1 stand ich gefühlt 5 Minuten vor dem Start schon an der imaginären Startlinie – aber bei Runde 9 ist man da schon gemütlicher… Ich stehe jetzt auf der Straße und warte auf 04:00 Uhr…
Puh – 4:55 Uhr, und ich liege geduscht im Bett – ich halte den aktuellen Stand eher kurz – und versuche schnell zu schlafen! Ich freue mich, dass ich die zwei Nachteinheiten gut rumgebracht habe. Nun kommen nur noch drei Runden: 8 Uhr, 12 Uhr und 16 Uhr. Das geht auch vorbei, aber jetzt versuche ich zu schlafen und hoffe, die Kids finden mich nicht gleich nach ihrem Aufstehen. grins Wobei jeder den Moment kennt oder sich vorstellen kann – dass der annahende Tag, der Sonnenaufgang – neue Lebensgeister weckt. Und man fröhlich in den Tag startet.

Guten Morgen, Welt! Heute ist Samstag, der 10.8.24, die Sonne scheint, der Kaffee schmeckt, die Kinder haben Papa etwas länger schlafen lassen, und ich sitze bereits angezogen auf der Terrasse. Ich hatte letzte Nacht 4 Stunden Schlaf – was mir mein Blick auf die Oura-Auswertung verrät, aber auch ohne Technik fühle ich mich ausgeschlafen. Ich bin nun 58,5 km seit Beginn der Challenge am Donnerstag gelaufen; die letzten beiden Nachtrunden waren langsamer als die am Tag – ich bin gespannt, wie sich die Beine jetzt anfühlen. Heute Nachmittag ist ein Ausflug ins Freibad mit der ganzen Familie geplant – mit unserer Familien-Jahreskarte lohnt sich da ein Besuch auch von einigen Stunden, so auch heute – planmäßig wollen wir 13-15:30 Uhr planschen. Wäre dann pünktlich um 16 Uhr zur letzten Runde daheim. Noch 10 Minuten, und es ist 8 Uhr…

Dieses “One More Loop” erinnert mich schon stark an das Backyard-Konzept; hier habe ich für den 24.8. in Kirchschlag bei Linz eine Anmeldung.
Und schon ist es wieder fast 12 Uhr. Die Zeit verflog wie im Flug – sagt man das so? Naja, wer weiß. Wir haben gemeinsam gefrühstückt, und danach kam mein persönlicher Frisör. Anschließend habe ich mir meine Vitalwerte einmal angeschaut. Ich habe normalerweise einen Ruhepuls von 38-40; seit diese Challenge läuft, habe ich in den letzten zwei Nächten einen um 6 Schläge erhöhten Ruhepuls. Wenn man dazu die Läuferliteratur befragt, erkennt man schnell die drei Ursachen:
1.) Erhöhte Regeneration: Der Körper ist damit beschäftigt, Muskelrisse zu “reparieren” und die Energiespeicher aufzufüllen.
2.) Schlafmangel + körperliche Belastung = Stress: Als Reaktion darauf schüttet der Körper Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus, welche den Herzschlag erhöhen.
3.) Flüssigkeitshaushalt: Die andauernde Belastung kann zu einem Flüssigkeitsverlust führen; um dies zu kompensieren, erhöht der Körper den Herzschlag, um die Durchblutung aufrechtzuerhalten. Mir geht es aber gut – und ich kenne diese Reaktion meines Körpers auf solche Situationen. Nach jedem Ultra ist an den darauffolgenden Tagen mein Ruhepuls viel höher als sonst. Nach ein, zwei Tagen normalisiert sich das wieder.

So, nun ist es kurz vor 12 Uhr, und ich beginne mich wieder bereit zu machen – das Gefühl, das vorletzte Mal auf die Strecke zu gehen, freut mich. Die Mittagssonne steht schon hoch – und es verspricht, richtig warm zu werden.

Es ist 14 Uhr, und ich schreibe diese Zeilen aus dem Altöttinger Freibad. Die letzte Runde war besonders – das Gefühl, jetzt die vorletzte Runde zu laufen, die Freude, dass es in der nächsten geschafft ist – hatte mich an ein, zwei Stellen so übermannt, dass ich trotz 30 Grad in der Sonne Gänsehaut bekam und mir die Tränen in den Augen standen. Ich weiß nicht, ob es jeder Leser nachvollziehen kann, aber ich bin mir sicher, Läufer und besonders Ultras können es fühlen. Der Moment des “Es geschafft haben”, der Moment, in dem die Anstrengung vorüber ist, der Moment des “im Ziel seins…” Einfach ein unbeschreibliches Gefühl – und all das in der vorletzten Runde. Wir wollen bis 15:15 Uhr hier bleiben und dann wieder nach Hause fahren – damit es dann um 16 Uhr zur finalen Runde starten kann. Ich möchte diesen Beitrag im Anschluss an die letzte, zwölfte Runde veröffentlichen.

Wir waren für zwei Stunden im Freibad und hatten jede Menge Spaß. Keno wollte gar nicht mehr von der Rutsche weg. Wir als Familie – so verbringt man doch die Regeneration zwischen den Runden am liebsten.
Nun ist es soweit: Es ist 15:55 Uhr, und ich mache mich ein letztes Mal fertig. Runde 12 ist tatsächlich da, ein letztes Mal 6,5 km in Neuötting. Die Strecke kenne ich nun gut. Auf geht’s…

Es ist vorbei!!!! 12 Runden sind vorüber, ich kann es kaum glauben – die fixe Idee Anfang der Woche gleich umgesetzt, und nun ist sie vorbei. Nun sitze ich im Garten, habe den Schlauch ausgerollt und erfrische mich. Ich bin 48 Stunden lang alle 4 Stunden 6,5 km gelaufen. Das alles neben Familie, Arbeit und Freizeit. Eine tolle Challenge, die einem wieder einmal zeigt: Wenn man erst einmal ins TUN kommt, ist es am Ende gar nicht mehr so schwer – oder wie ein Zitat von Nietzsche es ausdrückt: “Wenn du das Warum kennst, kannst du jedes Wie ertragen!” Man muss den Fokus haben und auf Dinge setzen, die einem wichtig sind, dann schafft man alles! Man muss es wirklich wollen! Nun bedanke ich mich für deine Zeit, diesen Bericht gelesen zu haben.

Zahlen und Fakten:
Gesamtdistanz: 78,19 km
Höhenmeter: 396 m
Laufzeit: 7 Stunden 56 Minuten 5 Sekunden
Durchschnittliche Pace: 6:05 min/km
Gesamtschlaf: 5 Stunden 55 Minuten
Wachdauer: 53 Stunden 35 Minuten
Die Goggins Challenge ist als Vorbereitung für die zukünftigen Abenteuer nun beendet. Versucht es doch selbst einmal…
Euer Michi